Quelle: Tagesspiegel - http://www.tagesspiegel.de/zeitung/der-kleine-unterschied-und-seine-folgen-vor-gericht-der-bild-chef-gewinnt-gegen-die-taz/365484.html
Bericht Rolf Schälike - 14.10.2006 Auch für diesen Bericht gilt, wie für alle anderen meiner Berichte: Alles, was hier steht, entspricht nicht unbedingt der Wahrheit. Beweisen kann ich nichts; geurteilt nach strengen Regeln der Pressekammer, waren meine Recherchen erbärmlich. Was hier in Anführungszeichen steht, ist nicht unbedingt ein Zitat. Oft verwende ich falsche Zeichensetzung. Habe dafür schon einmal gesessen. Möchte für mangelnde Kenntnis von Grammatik und Syntax nicht noch ein weiteres Mal ins Gefängnis. Was als Zitat erscheinen kann, beruht lediglich auf meinen während der Verhandlung geführten handschriftlichen Notizen. Auch wenn andere Texte, welche nicht in Anführungszeichen stehen, als Zitate erscheinen, sind es keine, denn beweisen kann ich nichts. Auch Zeugen habe ich nicht. Sowohl Anwälte als auch Richter werden sich an nichts erinnern - sie haben besseres zu tun. Was merkwürdig erscheint, muss von Ihnen nicht unbedingt geglaubt werden. Eine Meinung habe ich nicht; es sind bloß Verschwörungstheorien. Der „Bild“-Chef gewinnt und verliert gegen gegen die „taz“ Über den juristischen Streit kann man in Google unter „Penis-Prozess“ oder mit den Suchwörtern Diekmann Penis vieles finden. Das Aktenzeichen der Sache Kai Diekmann vs. taz ist 27 O 615/02. Die Verhandlung fand vor dem Landgericht Berlin statt. Richter: Michael Mauck Anwälte: für die "taz" - Johannes „Johnny“ Eisenberg; für Kai Diekmann - Professor Peter Raue – ein älterer Herr mit weißem Haupt, Anwalt, Mäzen, bekannte Person des Berliner Bildungsbürgertums Etwa 30 Zuschauer waren im Saal: Journalisten. Zusätzlich Holzbänke waren von Nöten. Amüsant das Ganze. Wie wird sich der Vertreter von Kai Diekmann gegen eine Satire wehren, die am 8. Mai 2002 in der "taz" auf der so genannten „Wahrheit“-Seite der „taz“ unter der Überschrift „Sex-Schock! Penis kaputt“ erschien? Autor Gerhard Henschel ging einem erfundenen Gerücht nach: Kai Diekmann habe sich in Miami einer Penis-Verlängerung unterzogen, wobei „Adern, Schwellkörper und Fleischteile aus den Genitalien einer männlichen Leiche“ verwendet worden seien. Die Operation sei missglückt. Diekmann sei nun Kastrat. 200 Dollar Schadensersatz hat er daraufhin vom behandelnden Arzt verlangt und geklagt. Das alles sei Satire. Für Diekmann nicht nur Satire, er sah seine Intimsphäre verletzt und erwirkte eine einstweilige Verfügung. Die „taz“ erhob Widerspruch. Diekmann ging weiter, verlangte 30000 Euros Schmerzensgeld. „Natürlich war die Sache geschmacklos und unappetitlich“, sagte „taz“-Chefredakteurin Bascha Mika nach der Verhandlung, aber Satire dürfe und müsse Grenzen überschreiten. Die „taz“ habe lediglich mit den Waffen der „Bild“ gekämpft. Die Verhandlung im Saal 143 war Theater auf mittlerem Niveau. Johannes „Johnny“ Eisenberg erschien in verwaschenen Jeans, die Robe lässig übers grüne Hemd gezogen. Diekmann-Anwalt erweckte Achtung. Niemand zweifelte daran, dass es sich bei dem „taz“-Artikel um eine Satire handelt, und Satire darf bekanntlich sehr viel Der Vorsitzende Richter Mauk: Das heißt nicht, dass das nicht doch zu weit geht. Diekmann sei zum Objekt des Gespötts geworden. Der „Bild“-Chef, zur Gerichtsverhandlung nicht anwesend - braucht er auch nicht zu sein -, will allein schon die Diskussion über Dinge, die seine Intimsphäre betreffen, verbieten. Diekmann-Anwalt Raue Herr Diekmann sei tief verletzt Im Saal Glucksen und Lachen. Auch die Richter mussten such beherrschen. taz-Anwalt Eisenberg Das Thema wäre lächerlich. ... . Die "taz" habe ehre Ziele Nicht weniger als die „verseuchte Container-Öffentlichkeit“ wollte die Zeitung bekämpfen. Diekmann sei schuld am Blut-, Sperma- und Fruchtwasserjournalismus, der bei „Bild“ einen qualitativen Sprung erlebt habe, daran, dass „der öffentliche Raum verseucht“ sei. Und deshalb gebe es keinen Besseren als ihn, um gegen diesen Presse-Stil ein Exempel zu statuieren. ... . Warum soll man über Schweinejournalismus stilvoll schreiben? Eine PR-Kampagne, um die 30.000 Euro Schmerzensgeld aufzutreiben, muss die stets am Rande des Ruins stehende „taz“ nicht aufrollen. Sie darf die in dem Bericht verwendeten Formulierungen jedoch nicht wiederholen. Die Richter urteilten, die „taz“ habe zwar Diekmanns Persönlichkeitsrechte verletzt, jedoch nicht so schwer wiegend, dass ihm Schmerzensgeld zustehe.
Auszug aus der Urteilsbegründung (LG
Berlin 27 O 615/02):
"(…) Vor allem aber spricht gegen das
Bedürfnis für eine Geldentschädigung, dass der Kläger Chefredakteur der
Bild-Zeitung ist.
Der "Penis-Prozess" geht nun doch nicht in
die Verlängerung: Begonnen hatte der Rechtsstreit zwischen Bild und taz mit einer Satire des Wahrheit-Autors Gerhard Henschel. In einer Fake-Reportage am 8. 5. 2002 kolportierte Henschel erfundene Gerüchte über eine missglückte Penisverlängerung des Bild-Chefs. Diekmann gefiel der Text nicht, und so verklagte er die taz wegen Verletzung seines Persönlichkeitsrechts auf ein Schmerzensgeld von 30.000 Euro.
Zwar handele es sich um eine Satire und es
läge auch eine Persönlichkeitsrechtsverletzung vor, befanden die
Richter, aber die Verletzung sei nicht so schwerwiegend, dass dem Kläger
ein Schmerzensgeld zustände. Vielmehr müsse der Bild-Chefredakteur
hinnehmen, dass für ihn andere juristische Maßstäbe gelten: "Die Kammer
hält dafür", heißt es in der Urteilsbegründung, "dass derjenige, der -
wie der Kläger - bewusst seinen wirtschaftlichen Vorteil aus der
Persönlichkeitsrechtsverletzung anderer sucht, weniger schwer durch die
Verletzung seines eigenen Persönlichkeitsrechtes belastet wird. Denn er
hat sich mit Wissen und Wollen in das Geschäft der
Persönlichkeitsrechtsverletzungen begeben und wird daher - nach
allgemeinen Regeln menschlichen Zusammenlebens - davon ausgehen, dass
diejenigen Maßstäbe, die er anderen gegenüber anlegt, auch für ihn
selbst von Belang sind." Quelle: http://www.taz.de/pt/2003/05/03/a0094.1/text.ges,1 Oktober 2009: Die Penis-Juristen-Show ging weiter. Inzwischen veröffentlicht Kai Diekmann auf seiner web-Site www.kaidiekmann.de das Urheberrecht verletzend den verbotenen Artikel. Nun darf diesen Artikel auch die taz wieder veröffentlichen. Dazu bedurfte es keiner Gerichtsverfahren. Ein witziger Schriftverkehr genügte. Anwaltskosten wurden nicht berechnet.
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