Zitierung: BVerfG, 1 BvR 195/96 vom 9.12.1999, Absatz-Nr. (1 - 6), http://www.bverfg.de/entscheidungen/rk19991209_1bvr019596.html
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BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 1 BvR 195/96 -

In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde

der Frau Bärbel Bohley

gegen

das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts
vom 12. Dezember 1995 - 7 U 110/95 -

hat die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch den

Vizepräsidenten Papier
und die Richter Grimm,
Hömig

gemäß § 93 b in Verbindung mit § 93 a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473)
am 9. Dezember 1999 einstimmig beschlossen:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.


Gründe:

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Die Annahmevoraussetzungen des § 93 a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor, weil die Verfassungsbeschwerde unzulässig ist. Die Verfassungsbeschwerde ist nicht in einer §§ 23 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 und 92 BVerfGG genügenden Weise begründet worden.

Wesentlicher Zweck des Begründungserfordernisses ist es sicherzustellen, daß das Bundesverfassungsgericht ohne weitere Ermittlungen über die Sachentscheidungsvoraussetzungen befinden und sich darüber hinaus bei Verfassungsbeschwerden im Hinblick auf das Annahmeverfahren eine Meinung über die Erfolgsaussicht des Begehrens bilden kann. Dem Gericht soll eine zuverlässige Grundlage für die weitere Behandlung des Begehrens gegeben werden. Dies setzt voraus, daß der Beschwerdeführer das angeblich verletzte Recht und den die behauptete Verletzung enthaltenden Vorgang substantiiert darlegt (vgl. BVerfGE 81, 208 <214>). Aus seinem Vortrag muß sich mit hinreichender Deutlichkeit die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung ergeben (vgl.BVerfGE 78, 320 <329> ). Dies erfordert nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Vorlage der mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Entscheidungen oder zumindest die Mitteilung ihres wesentlichen Inhalts, weil nur das eine Beurteilung dahin erlaubt, ob die gerügten Verfassungsverstöße tatsächlich gegeben sind (vgl.BVerfGE 88, 40 <45>; 93, 266 <288>).

Diesen Anforderungen genügt die vorliegende Verfassungsbeschwerde nicht. Zwar hat die Beschwerdeführerin die allein angegriffene Entscheidung des Berufungsgerichts vorgelegt. Diese Entscheidung stellt jedoch keine hinreichende Grundlage zur Überprüfung der behaupteten Verletzung des Grundrechts auf Meinungsfreiheit dar. Denn das Berufungsgericht hat sich hinsichtlich der Einordnung der Äußerung als Tatsachenbehauptung vollständig und hinsichtlich der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast teilweise auf die Begründung der erstinstanzlichen Entscheidung sowie die Entscheidungsgründe der Urteile im vorausgegangenen Eilverfahren bezogen. Diese vom Oberlandesgericht in Bezug genommenen Entscheidungen sind von der Beschwerdeführerin weder vorgelegt noch ist ihr Inhalt mitgeteilt worden. Da die mit der Rüge der Verletzung von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG gegen das Urteil des Oberlandesgerichts gerichteten Angriffe der Beschwerdeführerin ausdrücklich die Einordnung der Äußerung als Tatsachenbehauptung und die Darlegungs- und Beweisanforderungen betreffen und im übrigen zumindest hierauf zurückgehen, fehlt es insoweit an einer hinreichenden Grundlage zur Beurteilung der Erfolgsaussicht des Begehrens der Beschwerdeführerin.

Soweit die Beschwerdeführerin die Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG rügt, hat sie bereits die Möglichkeit der Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör nicht dargelegt. Dieser Anspruch verpflichtet das entscheidende Gericht, die Ausführungen der Prozeßbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Hingegen gewährt Art. 103 Abs. 1 GG keinen Schutz gegen Entscheidungen, die den Sachvortrag eines Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts teilweise oder ganz unberücksichtigt lassen (vgl.BVerfGE 96, 205 <216>; stRspr). Gemessen hieran ist bereits die Möglichkeit einer Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG nicht ersichtlich. Das Oberlandesgericht hat sich mit dem Beweisantritt der Beschwerdeführerin auf Einholung einer Auskunft befaßt und das Beweismittel als ungeeignet und die unter Beweis gestellten Tatsachen als unsubstantiiert und damit unerheblich angesehen. Die Beschwerdeführerin rügt insoweit allein, die Substantiierungsanforderungen seien überzogen. Dies betrifft lediglich die Anwendung des formellen Rechts und vermag eine Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG nicht zu begründen.

Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 93 d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG).

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Papier

Grimm

Hömig